Medizin-Geschichten

Die Heilpflanze des Monats Januar 2016
Kurioses, Bizarres, Interessantes

Folge 45: Tabak (Nicotiana tabacum)

Die Tabakpflanze stammt vom amerikanischen Kontinent. Woher allerdings der Name „Tabak“ kommt, ist nicht wirklich klar. Es existieren verschiedene Erklärungen: So soll er an die mexikanische Provinz Tabasco oder an die Antilleninsel Tabago erinnern, aus beiden Regionen bezogen die Europäer früher Tabak. Die Ureinwohner der Antillen nannten Tabak offenbar „takap“. Eine weitere Erklärung ist, dass das Wort aus dem südlichen Amerika stammt und zwar aus der Zeit von Kolumbus und das Rauchgerät, nicht die Pflanze selbst bezeichnete.
Woher der botanische Name Nicotiana stammt, ist dagegen eindeutig: Er geht auf den französischen Diplomaten Jean Nicot de Villemain (1530 bis 1600) zurück, der sich im 16. Jahrhundert für den Tabakanbau engagierte und Tabak zu medizinischen Zwecken nach Europa brachte. Tabak wurde vor allem gegen Hautkrankheiten eingesetzt. Rauchen und Schnupfen der Blätter sollten auch bei Migräne helfen. Tabak wurde auch ein wichtiges Mittel zur Seuchenprophylaxe und zur Desinfektion während der Pest im 17. Jahrhundert.

Etwa 75 Arten gehören zur Gattung der Tabakpflanzen. Von wirtschaftlicher Bedeutung sind vor allem die Arten Nicotiana tabacum (Virginischer Tabak) und Nicotiana rustica (Bauerntabak).  Tabak ist ein Nachtschattengewächs und giftig. Viele Arten erzeugen in den Wurzeln Nikotin oder andere Alkaloide. Diese Gifte werden in den Blättern eingelagert und sollen Fressfeinde abwehren. Der Virginische Tabak enthält in den frischen Blättern zwischen 0,1 und vier Prozent Nikotin. In den getrockneten Blättern kann der Nikotin-Gehalt auf neun Prozent ansteigen. Nur die Samen sind fast frei von Nikotin.
Der Virginische und auch der Bauerntabak wurden von den Indianern ursprünglich ausschließlich zu kultischen Handlungen geraucht. Tabak war bei ihnen kein alltägliches Genussmittel. In Nordamerika wurde Tabak in Pfeifen geraucht; von den südamerikanischen Indianern ist dagegen bekannt, dass sie ihn auch schnupften und kauten, so die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS).

Erste Berichte über das Rauchen von Tabak gelangten über die Seefahrer um Kolumbus nach Europa. Im 16. Jahrhundert brachten spanische Eroberer die Tabakpflanze zunächst nach Spanien, wo sie vor allem als Zierpflanze kultiviert wurde. 1570 führte Nicot die Tabakpflanze in Frankreich ein. In der Folgezeit kam am französischen Hof das Schnupfen von Tabak in Mode. Niederländische Seeleute aus jener Zeit rauchten den Tabak bereits. Die erste deutschsprachige Erwähnung der Tabakpflanze findet sich laut DHS 1579 in einer Schrift über den Tabakanbau. Im 17. Jahrhundert verbreitete sich das Tabakrauchen über ganz Europa und wurde schließlich auch in China und Japan bekannt.

Anbau und Genuss von Tabak wurden in der Folgezeit in vielen Ländern wiederholt verboten, was jedoch eine weitere Ausdehnung des Konsums nicht verhindern konnte. Allerdings blieb das Rauchen auf der Straße in Deutschland bis 1848 verboten.

Übrigens: Nikotin, das ja von den Pflanzen als Insektenabwehr produziert wird, hat auch eine insektizide Wirkung und wurde deshalb früher als Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Doch wegen der hohen akuten Toxizität des Nikotins ist man davon wieder abgekommen.

Manche Vögel allerdings setzen immer noch auf Tabak: Eine schottisch-mexikanische Studie, die erst 2013 veröffentlicht wurde, zeigt, dass Spatzen und Finken, die in Städten leben, Zigarettenstummel sammeln und sie in ihre Nester stopfen. In Mexiko City wurden bis zu 48 Kippen in den Nestern gezählt. Der Durchschnitt war zehn Stummel pro Nest. Mit Nikotin schützt sich die Tabakpflanze gegen Fressfeinde. Deshalb wird vermutet, dass Nikotin aus den Zigaretten die Vogelnester von Parasiten frei hält. Dass das wirkt, haben die Forscher in Laborversuchen nachgewiesen. Möglich ist natürlich auch, dass die Vögel es eher auf die Zellulose abgesehen haben, die das Nest hübsch auspolstert, und dass der Nikotineffekt nur eine praktische Nebenwirkung ist. Doch Stadtvögel sind clever. Sie werden schon gemerkt haben, dass es mit Nikotin im Nest weniger juckt und kratzt.

Quellen:
Gerhard Madaus: „Bioheilmittel“, Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. sowie Biol. Lett. (2013).

Ursula Armstrong | Redaktion | Sperberweg 2 | D-82152 Krailling | Telefon: +49 (0) 163 / 313 21 10 | e-mail: mail@uschi-armstrong.de | www.redaktion-armstrong.de

Alle Heilpflanzen des Monats

Tabak

Blüte des Virginischen Tabaks. Diese heute wirtschaftlich wichtigste Art stammt ursprünglich aus Südamerika. Die Pflanze ist tetraploid, sie hat also vier Chromosomensätze. Ihr Genom ist sehr gut erforscht. Der Virginische Tabak ist in der Gentechnik-Forschung sehr beliebt. Auch Medikamente werden in Tabakpflanzen produziert.
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